Schier grenzenlose Möglichkeiten – so wurde die industriellen Digitalisierung gefeiert. Zwei Entwicklungen hat man in der anfänglichen Euphorie dabei unterschlagen. Viele Angebote bedeuten ein hohes Maß an Unübersichtlichkeit. Und auch die Inbesitznahme der digitalen Ländereien funktioniert wie in der aktuellen US-Politik: Protektion statt Kooperation. Dabei wissen wir seit den Arbeiten des 2015 verstorbenen Nobelpreisträgers John Nash zur Spieltheorie, dass kooperative Systeme die wirtschaftlich erfolgreicheren sind. Wie steht es also aktuell mit digital Operations in der Industrie?
Lassen Sie uns hierfür stellvertretend die Automotive-Branche betrachten. Man sollte meinen, bei der Digitalisierung der wertschöpfungsnahen Prozesse seien sie gut unterwegs. Doch diese Branche ist – wie viele andere - gespaltener denn je. Nur 50 Prozent der Werke, die an der Automotive Lean Production Studie 2017, die wir mit der Fachzeitschrift AUTOMOBIL PRODUKTION seit 13 Jahren jährlich durchführen, teilgenommen haben, gaben an, sich mit dem Thema Digitalisierung konkret beschäftigt zu haben.
Warum beschäftigen sich nicht alle mit diesem Mega-Thema?
Die Gründe sind vielfältig. Zwei davon stechen hervor und sind eigentlich altbekannt: die Unübersichtlichkeit des Angebotes und die Abschottung der (Öko-)Systeme.
Die Unübersichtlichkeit lässt sich am Beispiel IIOT belegen. Zu den Anbietern gehören Microsoft (Azure IoT Suite), Cisco (Jasper Control Center), Amazon (AWS Amazon Web Services), IBM (IBM IoT Cloud Open Platform for Industries), Intel (Intel IoT Platform), SAP (HANA Cloud Platform for IoT), HP (HP Internet of Things Platform) und sicher auch Google (Smart Home, Brillo und andere Lösungen).
Daneben haben führende Industrie-Unternehmen inzwischen eigene Plattform-Lösungen an den Start gebracht und wollen im digitalen Wettrennen mitmischen. Der Effekt: Alle zusammen verunsichern mit der Vielfalt der Ansätze ihre potenziellen Anwender. Bosch (Bosch IoT Suite) etwa hat bereits 2008 Innovations Software Technologies, 2011 Inubit und 2015 Prosyst Software übernommen, um sich wichtiges Know-how zu sichern. Siemens bietet seinen Kunden mit seiner umfassenden ‚Digital Enterprise Software Suite‘ eine digitale Wertschöpfungskette mit PLM, Manufacturing Execution System, Manufacturing Operations Management und Totally Integrated Automation. Hinzu kommt die Collaboration-Plattform ‚Teamcenter‘. Ähnliche Initiativen gibt es bei ABB, General Electric und anderen.
Allen gemeinsam ist, dass sich produzierende Unternehmen in der Regel für eine der Welten entscheiden sollen. Selbstverständlich ist eine Vernetzung zwischen den Ökosystemen nicht vorgesehen und Schnittstellen sind nur mit erheblichem Mehraufwand zu programmieren. Jeder hat seine Zäune errichtet – Protektion statt Kooperation.
Für die meisten Industrieunternehmen ist das ein großes Problem. Denn das Risiko, eine falsche Entscheidung zu treffen, ist hoch. Zeit- und Investitionsbedarf sind enorm. Die Angebote und die unternehmerischen Konsequenzen daraus sind nur schwer abzuschätzen. Das zeigt auch die oben genannte Studie in der Automobilindustrie: 60 Prozent aller befragten Werke gaben an, dass die Digitalisierung Ihres Werkes vorwiegend an der falschen Einführungsstrategie scheitern könnte, weit vor Themen wie IT-Sicherheit (33 Prozent) oder Akzeptanz der Mitarbeiter / Betriebsrates (20 Prozent).
Die Konzerne und OEMs sind in Punkto Digitalisierung im Vorteil. Sie haben das Know-how, die Zeit und die finanziellen Mittel, sich ihr eigenes „Operations-Ökosystem“ aufzubauen indem sie kompromisslos die Technologien unterschiedlicher Anbieter kombinieren. Sie können dank ihrer finanziellen Voraussetzungen Skalierungseffekte sehr gut nutzen und sind im digitalen Wettrennen ganz vorne.
Die anderen Unternehmen haben deshalb dringenden Bedarf an „Smarten Digitalen Lösungen“ von der Stange, die sich dennoch gut kombinieren lassen, um das entstehende Delta wieder zu schließen und das eigene Überleben zu sichern.
Diese Lösungen gibt es zum Teil auch schon. Sie sind aber weniger sichtbar und Nischenprodukte. Hier braucht es mehr Transparenz und Beratung. Mit unserem Portal smart-applications.com wollen wir für mehr Transparenz bei den Angeboten sorgen. Kleinere und mittlere Industrieunternehmen müssen im eigenen Interesse erste Schritte in die Digitalisierung unternehmen – möglichst mit standardisierten Produkten. So lassen sich die Kosten geringhalten und die nötige Geschwindigkeit erreichen.
Die Unübersichtlichkeit der Digitalisierungslösungen und die Abschottung von Ökosystemen gegeneinander bremsen die Bemühungen der produzierenden Industrie
Schier grenzenlose Möglichkeiten – so wurde die industriellen Digitalisierung gefeiert. Zwei Entwicklungen hat man in der anfänglichen Euphorie dabei unterschlagen. Viele Angebote bedeuten ein hohes Maß an Unübersichtlichkeit. Und auch die Inbesitznahme der digitalen Ländereien funktioniert wie in der aktuellen US-Politik: Protektion statt Kooperation. Dabei wissen wir seit den Arbeiten des 2015 verstorbenen Nobelpreisträgers John Nash zur Spieltheorie, dass kooperative Systeme die wirtschaftlich erfolgreicheren sind. Wie steht es also aktuell mit digital Operations in der Industrie?
Lassen Sie uns hierfür stellvertretend die Automotive-Branche betrachten. Man sollte meinen, bei der Digitalisierung der wertschöpfungsnahen Prozesse seien sie gut unterwegs. Doch diese Branche ist – wie viele andere - gespaltener denn je. Nur 50 Prozent der Werke, die an der Automotive Lean Production Studie 2017, die wir mit der Fachzeitschrift AUTOMOBIL PRODUKTION seit 13 Jahren jährlich durchführen, teilgenommen haben, gaben an, sich mit dem Thema Digitalisierung konkret beschäftigt zu haben.
Warum beschäftigen sich nicht alle mit diesem Mega-Thema?
Die Gründe sind vielfältig. Zwei davon stechen hervor und sind eigentlich altbekannt: die Unübersichtlichkeit des Angebotes und die Abschottung der (Öko-)Systeme.
Die Unübersichtlichkeit lässt sich am Beispiel IIOT belegen. Zu den Anbietern gehören Microsoft (Azure IoT Suite), Cisco (Jasper Control Center), Amazon (AWS Amazon Web Services), IBM (IBM IoT Cloud Open Platform for Industries), Intel (Intel IoT Platform), SAP (HANA Cloud Platform for IoT), HP (HP Internet of Things Platform) und sicher auch Google (Smart Home, Brillo und andere Lösungen).
Daneben haben führende Industrie-Unternehmen inzwischen eigene Plattform-Lösungen an den Start gebracht und wollen im digitalen Wettrennen mitmischen. Der Effekt: Alle zusammen verunsichern mit der Vielfalt der Ansätze ihre potenziellen Anwender. Bosch (Bosch IoT Suite) etwa hat bereits 2008 Innovations Software Technologies, 2011 Inubit und 2015 Prosyst Software übernommen, um sich wichtiges Know-how zu sichern. Siemens bietet seinen Kunden mit seiner umfassenden ‚Digital Enterprise Software Suite‘ eine digitale Wertschöpfungskette mit PLM, Manufacturing Execution System, Manufacturing Operations Management und Totally Integrated Automation. Hinzu kommt die Collaboration-Plattform ‚Teamcenter‘. Ähnliche Initiativen gibt es bei ABB, General Electric und anderen.
Allen gemeinsam ist, dass sich produzierende Unternehmen in der Regel für eine der Welten entscheiden sollen. Selbstverständlich ist eine Vernetzung zwischen den Ökosystemen nicht vorgesehen und Schnittstellen sind nur mit erheblichem Mehraufwand zu programmieren. Jeder hat seine Zäune errichtet – Protektion statt Kooperation.
Für die meisten Industrieunternehmen ist das ein großes Problem. Denn das Risiko, eine falsche Entscheidung zu treffen, ist hoch. Zeit- und Investitionsbedarf sind enorm. Die Angebote und die unternehmerischen Konsequenzen daraus sind nur schwer abzuschätzen. Das zeigt auch die oben genannte Studie in der Automobilindustrie: 60 Prozent aller befragten Werke gaben an, dass die Digitalisierung Ihres Werkes vorwiegend an der falschen Einführungsstrategie scheitern könnte, weit vor Themen wie IT-Sicherheit (33 Prozent) oder Akzeptanz der Mitarbeiter / Betriebsrates (20 Prozent).
Die Konzerne und OEMs sind in Punkto Digitalisierung im Vorteil. Sie haben das Know-how, die Zeit und die finanziellen Mittel, sich ihr eigenes „Operations-Ökosystem“ aufzubauen indem sie kompromisslos die Technologien unterschiedlicher Anbieter kombinieren. Sie können dank ihrer finanziellen Voraussetzungen Skalierungseffekte sehr gut nutzen und sind im digitalen Wettrennen ganz vorne.
Die anderen Unternehmen haben deshalb dringenden Bedarf an „Smarten Digitalen Lösungen“ von der Stange, die sich dennoch gut kombinieren lassen, um das entstehende Delta wieder zu schließen und das eigene Überleben zu sichern.
Diese Lösungen gibt es zum Teil auch schon. Sie sind aber weniger sichtbar und Nischenprodukte. Hier braucht es mehr Transparenz und Beratung. Mit unserem Portal smart-applications.com wollen wir für mehr Transparenz bei den Angeboten sorgen. Kleinere und mittlere Industrieunternehmen müssen im eigenen Interesse erste Schritte in die Digitalisierung unternehmen – möglichst mit standardisierten Produkten. So lassen sich die Kosten geringhalten und die nötige Geschwindigkeit erreichen.
Marc Kräutle
Marc Kräutle is an international management consultant with strong experience in the discrete industry. He is one of two Managing Directors and owners of Agamus Consult and author of this blog. For more than 15 years he has been committing to operational excellence, supply chain & lean management and (digital) transformation.
He started his consulting career in Paris, gained his first international experience by working on projects abroad and took over interim leading positions as a line manager in the automotive industry in the 2000s. In 2008 he has joined Agamus Consult Germany and did launch the initiative: Forum for Digitized Industry (www.smart-applications.com) at the end of 2017.