Marc Kräutle
11.12.2018
Shopfloor ,

60 Jahre A3-Report


Ich habe im letzten Beitrag über die Vorteile der Digitalisierung im Shopfloor-Management geschrieben.

Dabei lag der Schwerpunkt auf Tools, die Transparenz ermöglichen und Kommunikationswege verbessern. Damit lassen sich unter anderem schnellere Entscheidungen herbeiführen, selbst wenn das Management, das entscheiden muss, nicht vor Ort ist, aber in Echtzeit Zugang zu allen relevanten Daten hat. Die eigentliche Stärke des Shopfloor-Managements liegt insbesondere, und dass ist aus meiner Sicht nicht ausreichend ausgeprägt, im Problemlösungsprozess. Viele meiner Kunden arbeiten deshalb heute mit der A3-Methode und nutzen diese im Shopfloor als wichtigen Pfeiler ihres kontinuierlichen Verbesserungsprozesses (KVP). Ich habe bis jetzt vorwiegend Eigenprogrammierungen gesehen, um diese Methode digital zu unterstützen. Das liegt vielleicht daran, dass umfassende Standard-Lösungen bisher am Markt fehlen. Ich jedenfalls kenne bis jetzt keine, die ich meinen Mandaten empfehlen würde.

Immerhin: Der A3-Report ist ein 60 Jahre altes Instrument, bei dem man auf einem Blatt Papier – Toyota nutzte dafür ein A3-Format – die wesentlichen Handlungsschritte für Problemlösungen in Unternehmen abbildet. Letztlich handelt es sich um eine strukturierte Anleitung für Mitarbeiter zur selbständigen Analyse und Fehlerbehebung, klassischerweise in sieben Schritten:

1. Problembeschreibung und Bedeutung der Problemlösung für die Unternehmensziele
2. Beschreibung der aktuellen Situation
3. Welches Ziel soll erreicht werden?
4. Analyse der Ursachen
5. Mögliche Gegenmaßnahmen
6. Erfolgsmessung
7. Evaluierung / Follow-up

Die Digitalisierung hilft bei der Standardisierung des Problemlöseprozesses und bei der Verfolgung der Maßnahmen. Denn digitale Lösungen ermöglichen, dass die A3-Problemlösungsblätter nicht mehr in Papierform, sondern digital vorliegen. Damit erhalten Kollegen sofortigen Zugriff. Führungskräfte können den Fortschritt unmittelbar verfolgen, das Management kann Maßnahmen priorisieren und so weiter.

Digitalisierung unterstützt die lernende Organisation
Dieses Werkzeug wird aber nicht immer richtig angewendet, insbesondere von Gelegenheitsnutzern. So ist der Onlinezugriff auf Erläuterungen, vielleicht auch auf eine Empfehlung, welche Methodik bei der Ursachenforschung angewendet soll (Ishikawa, 5 Why), abhängig von der Problembeschreibung / -kategorie möglich. So könnte der Mitarbeiter bei der Problembehandlung auf unterschiedliche Methoden zurückgreifen und ist nicht auf sich allein gestellt. Er hätte Zugriff auf ein Firmenwiki mit Best Practice-Beispielen. Aus dem Instrument, das Mitarbeiter zur selbständigen Problemlösung befähigen soll, entsteht allmählich durch die Validierung als Best Practice und die Verschlagwortung eine Sammlung des Erfahrungswissens, das nicht mehr an einzelne Mitarbeiter gebunden ist, sondern dem gesamten Unternehmen zur Verfügung steht.

Der Effekt ist offensichtlich: Die interne Kompetenz des Unternehmens steigt. Probleme können schneller erfasst, analysiert und gelöst werden. Das verstärkt die Kollaboration im Unternehmen und erhöht durch das sich ansammelnde Wissen die Professionalität der Prozesse. Die Problemlösungsfähigkeiten auf Shopfloor-Ebene werden vergrößert und das Management und vermeintliche Spezialisten werden nicht benötigt.

KI: Was uns erwartet
Mit dem maschinellen Lernen dank künstlicher Intelligenz wird es in nicht allzu weiter Zukunft möglich sein, auf Basis all der digitalisierten A3-Blätter Handlungsvorschläge durch das System zu erhalten. Unter maschinellem Lernen (machine learning) versteht man das Lernen anhand von Beispielen durch eine künstliche Intelligenz. Dabei erkennt das System selbst Muster und verarbeitet auch unbekannte Daten und Daten in unstrukturierter Form (Texte, Zahlen, Bilder, Skizzen, Videos), welche bei der A3-Methodik zwangsläufig anfallen. Wer heute also mit der Digitalisierung der A3-Lösungsblätter beginnt, kann später auf ein umfangreiches Datenpool zugreifen, sobald maschinelles Lernen marktreif ist.

Nachsatz: Anbieter von KVP/A3 unterstützenden Lösungen können sich gerne melden. Ich berichte dann über interessante Lösungen in einem zukünftigen Beitrag.


Marc Kräutle

Studium der Ingenieurwissenschaften an der ENSGSI, Nancy (F) und Abschluss als Diplom-Wirtschaftsingenieur, Maschinenbau an der TU Kaiserslautern. Seit 2003 bei Agamus u.a. als Manager und Partner tätig, seit 2018 Geschäftsführer von Agamus Consult.

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